Samstag, 7. Juli 2012

Scheitern Sie wohl!

Die Eurokrise will und will nicht verschwinden, wobei, es ist ja nicht nur eine Euro-Krise, sondern auch eine Europa-Krise und natürlich auch eine Banken-Krise. Hinzu kommt die Koalitions-Krise und die Politik-Krise, die Bildungs-Krise und die Betreuungs-Krise, die Seehofer-Krise (die währt ja schon lange) und die Merkel-Krise, die Armen-Krise und die Reichen-Krise, die Pisa-Krise und, ach, irgendwie hängen die doch alle zusammen.

In Wirklichkeit haben wir aber doch eine Informations-Krise und daraus folgend eine Experten-Krise, allenfalls noch eine Krise der ModeratorInnen, die sich berufen fühlen, diese sogenannten Experten immer und immer wieder zu interviewen, um immer und immer wieder zu den selben Ergebnissen zu kommen, nämlich: zu keinen.

Wenigstens sind Hans-Olaf Henkel mit seinem kleinen Anti-Euro-Büchlein und Utz Claassen, der in irgendwelchen Vorständen viel Geld verdient hat, nicht mehr allzu präsent. Dafür aber wird uns permanent Dirk Müller präsentiert, irgendein Börsenmensch, der nicht müde wird, seine These brav zu repetieren, die ungefähr so lautet: "Weil wir alle eine unterschiedliche Wirtschaftskraft haben, ist der Euro per se nicht geeignet." Mit diesen Worten könnte er schließen, tut er aber nicht, sondern wiederholt - brav eben - Stund um Stund diesen einen Satz in verschiedenen Nuancen, so dass ihn auch der krisengeschütteltste noch versteht und daraus schlussfolgert, dass die Griechen raus müssen.

Fehlen darf auch der Grieche nicht, der zum Thema zwar nichts Plausibles zu sagen hat, aber immerhin Grieche ist, oder der, der zum Thema auch nichts zu sagen hat, auch kein Grieche ist, aber mal in Griechenland gelebt hat. Ja, die Luft wird dünn und selbst die Talkshows wissen, dass man irgendwann selbst eines noch so nett dreinschauenden Menschens müde wird.

Derweil schmettern Generalsekretäre (warum müssen die eigentlich immer so sehr hässlich aussehen?) ihre Sprüche in die Kamera. Zur zeit sehr beliebt ist das Wortpaar "Konsolidierung und Stabilisierung" und glauben, dass man ihnen glaubt. Was sollen Sie denn auch sonst tun? Mir fiele da was ein.

Und wenn die Politik schon nichts mehr zu sagen hat, dann melden sich die wahren Experten zu Wort. Endlich! Kürzlich über 100 Wirtschaftswissenschaftler, die einen offenen Brief geschrieben haben, in dem zu lesen ist, dass sie das direkte Anzapfen des Rettungsschirmes durch die Banken für gefährlich halten. Da denkt man doch: "Ah, endlich sagen mal die was dazu, die es doch wirklich wissen müssen!".

Weit gefehlt. Postwendend kommt der Gegenentwurf von einer Gruppe ebenso in der Thematik bewanderter - dachte man bis hier - und behauptet das komplette Gegenteil. Der Verdacht liegt nahe, dass hier parteipolitisches Kalkül vorliegt und es sich schlicht um Lobby-gesponserte Briefeschreiber handelt. Was soll man denn sonst auch denken?

Aus all den Fachbegriffen wird Volk (und auch der Rest) eh nicht mehr schlau: ESM EFSM, LMA, ZBGH, gleich wie man das Kind nennt. Die eigentliche Krise liegt weder im Euro, noch in Europa, noch in den Banken. Die eigentliche Krise liegt in der Unfähigkeit, etwas klar und deutlich zu kommunizieren. Am End ist das vielleicht auch gar nicht gewünscht, denn wenn alle alles verstünden, könnte auch nicht mehr geschachtert und gemauschelt werden. Also streut man Informationen von kalt bis heiß, vergibt abstruse Namen und verkürzt diese dann zu einem ESM und macht am Ende irgendwas, von dem man sowieso nicht weiß, ob es funktioniert oder nicht.

Dabei genügte es, auf den gesunden Menschenverstand zu hören, der aber geht wohl in dieser völlig überdimensionierten und größenwahnsinnigen Gemengelage verloren. Da helfen auch weder 3 Millimeter, noch 4 Milliarden Jahre. Scheint so.

Matthias Horx, seines Zeichens Trendforscher, beendet eines seiner Bücher mit einem freundlichen "Scheitern Sie wohl!"

Dem mag ich mich anschließen.

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