Freitag, 7. September 2012

Die GEMA - bleibt alles anders

Hätte ich es nicht besser gewusst, dann hätte ich mich zurückversetzt gefühlt in die, sagen wir 90er Jahre, genau genommen 1996, als ich das erste Mal auf der Love-Parade teilnahm, die damals, wenn auch schon um die 100.000 Besucher stark, doch noch in den Kinderschuhen steckte und dann so erwachsen wurde, wie man eben erwachsen wird:

Es geht im späteren Leben nicht mehr um den Spaß und das dahinterstehende Ideal, sondern um Kohle. Das fand im Falle der Love-Parade dann ja auch sein jähes und vor allem bekanntes Ende.

Am Donnerstag jedenfalls, da lief ich dann plötzlich wieder dem Wagen hinterher, auf dem kein geringerer als Dr. Motte eine wunderbare Musik aus seinen Plattentellern, naja, CD-Playern, ok, Macbooks präsentierte, zwar nicht in Berlin, sondern in Frankfurt, immerhin der Stadt, die zu Recht behaupten kann, eine, wenn nicht DIE Homebase für Techno gewesen zu sein, als Techno dann ja auch noch Techno war.

An diesem Donnerstag jedenfalls war es es Techno, die Zeit schien zurückgedreht und die Frage, ob das wohl der wunderbare Neubeginn einer neuen Love-Parade sein sollte, schob sich kurz zwischen die Demonstranten.

Das war dann auch der Unterschied zur Love-Parade, denn es ging tatsächlich nicht einfach um die Musik, also irgendwie natürlich schon, sondern es ging nun auch noch um ein dazu gekommenes Feindbild, die GEMA.

Von Göbbels, so erzählt der Redner, gegründet, sei sie nun ein privater Verein, dessen Vorstände um die 360.000 Euro im Jahr verdienten und der sich als Verein allerdings wie ein Amt verhielte, denen das Geld zuschasste, die eh bereits genug hätten, um es denen, die mit Ihrer Musik die Clubs und alle daran hängenden Dienstleister am Laufen hielten, zu versagen.

Vermutlich hat er Recht, denn die hinter den Vergnügungsstätten liegende Wirtschaftskraft liegt auf der Hand. Auch gibt es Möglichkeiten, Musikstücke, die im Laufe des Tanzbetriebes gespielt werden, dezidiert zu erfassen, sie gerecht aus- und zu verwerten, um so eine gerechte Verteilung der Gelder zu sichern.

Das war denn auch der Tenor der Veranstaltung: Nichts ändern, sondern gerechter. Sicher, das ist ja schon mal was. Dabei ging allerdings die derzeitige, nicht zuletzt auch von der Piratenpartei maßgeblich angefeuerte Diskussion über die prinzipielle Reform des Urheberrechts, komplett unter.

Unlängst haben sich Musiker und Schriftsteller gegen diese Novellierung gestellt und, nicht selten, wie einige danach mitteilten, auf Druck der Verlage und Verwertungsgesellschaften, eine Petition unterschrieben, um danach, wenigsten vereinzelt festzustellen, dass bei einer Verschärfung viele Verwertungsmöglichkeiten endgültig unmöglich würden.

Auch gibt es bereits Modelle, geistiges Eigentum adäquat zu kennzeichnen und nicht zuletzt machen es (legale) Downloadportale vor. Dass die GEMA von Ihrem derzeitgen Sockel gestoßen werden muss, daran ist wenig Zweifel zu hegen (das gilt für IHKs und andere sich selbst erhaltende Organisationen und Vereine, die seit langem ihren Sinn und Zweck vergessen haben, gleichermaßen!).

Bei einer solchen Reform müssen allerdings generell neue Wege eingeschlagen, Konzepte vorgelegt und diskutiert werden, statt sich nur darüber zu beschweren, dass man in dem aktuellen Konzept nicht den gerechten (monetären) Platz einnimmt, ansonsten aber alles irgendwie super sei. Und wenn die GEMA "nur" ein Verein ist, dann sollte es nicht allzu schwierig sein, diesem Verein den Rücken zu kehren, um einen neuen zu gründen.

Ansonsten geht es uns wie mit dem Ehegattensplitting, dass nun nicht nur ungerechterweise (heterosexuellen) Ehen, sondern nun auch (homosexuellen) Partnerschaften ohne Kindern zugestanden wird. Hier wie da wurde nicht etwas ein Schritt nach vorne, sondern gleich zwei zurückgegangen.

Fazit: Eine Sau durchs Dorf zu treiben macht vielleicht eine Zeit lang mal Spaß, wenn man allerdings merkt, dass der Stall, in den sie dann schlussendlich getrieben wird, wieder derselbe ist, aus dem sie vertrieben wurde, dann spare ich mir zukünftig, so schön es war, auch den Gang durch Frankfurt, selbst hinter Dr. Mottes Motivwagen.