Dienstag, 24. April 2012

Die Tribute von Langweil

Oder: Running Man trifft Kindergeburtstag.

Wir deformiertesgebinde sind ja schon über so manches hergefallen, verbal, aber noch bisher nicht über einen Film. Ich war nun aber gestern, seit langer Zeit, mal wieder im Kino, um mir den jüngsten Hype, "Die Tribute von Panem" anzusehen. Und an diesem Streifen nervt derart viel, dass man darüber einen eigenen Film drehen möchte.
Da sich nun der letzte Post hier mit überflüssigen Institutionen befasst, will ich mit dem anfangen, wofür der Streifen vordergründig nix kann: der Altersfreigabe. Wenig geschätzte FSK: Was macht Ihr eigentlich beruflich? Ich habe hier ein Konsolenspiel, "Kingdoms of Amalur, the Reckoning". In diesem werden ausschließlich irgendwelche Fabelwesen gekillt. Zugegeben, das geschieht ein bisschen schlotzig, also mit roter Soße – Computergrafikblut – uiuiui. Keine abgetrennten Körperteile, keine fliegenden Köpfe, keine Menschen. Nur Gnome, Feien, Elfen, all so Zeug. Das Spiel ist ab 18!
Wenn in den "Tributen" die Action denn – nach gefühlten zwei Stunden – losbricht, dauert's keine 30 Sekunden und 12 der 24 Kinder zwischen 12 und 18 sind tot. Niedergestochen, -geschlagen, -gepfählt, -gemetzelt von den verbleibenden 12. FSK: 12. Computerelfenblut, das man sieht also FSK 18, killende Kinder, deren Gemetzel dank der freihändigen Kamera in einer Art "Unser Kameramann hat leider Parkinson"-Szene untergeht FSK 12 – niedlich?
Aber zurück zu den 142 Minuten, die sich der Film nimmt, um nix, aber auch gar nix, zu erzählen. Und man möge mich nicht falsch verstehen: Ich mag es, wenn Filme sich Zeit nehmen, Charaktere und Plot einzuführen. Der Zeit nimmt sich dieser Film viel. Soviel, dass man – einen Trailer hat man ja gesehen – dann doch irgendwann denkt: Jetzt könnt's halt mal losgehen. Und siehe da, nachdem man diesen Gedanken etwa zum 37. mal hegte, geht's denn auch los. Mit der oben beschriebenen Szene startet das "Hungerspiel", in dem eben nur eines der Kids überleben darf und dann – die Idee ist so oll wie sie klingt und wurde auch erst x-mal verfilmt – mit Reichtum und Ehre überschüttet wird. Rummsbumms also, 12 tot. Blöd nur, dass der Film – in all der Zeit, die er sich dafür nimmt – nix erklärt, außer der dünnen Rahmenhandlung: 12 unterjochte Distrikte schicken je einen Jungen und ein Mädchen in die Hauptstadt, um an den Hungerspielen teilzunehmen, die – in Gedenken an irgendeinen Aufstand – die Unterjochung manifestieren und das TV-Publikum amüsieren sollen.
Der – bestenfalls geistig bereits gereifte – Zuschauer sitzt da und denkt: Warum? Es gibt keinen ersichtlichen Grund dafür, dass die Kindlein plötzlich einen Schalter umlegen und im Kill-Modus sind. Es gibt auch keine Erklärung dafür, dass manche der Kinder es nicht sind (wir brauchen noch ein paar von "den Guten", sonst wird's zu blutig). Es ist nicht einmal klar, warum sich die Hauptdarstellerin verhält, wie sie sich verhält, obwohl um sie herum eine oblatendünne Familien-Drama-heul-Geschichte gesponnen wird. Es wird gerannt, gejagt, weggelaufen, getrickst, geblutet, genesen und gestorben. Und selbst das mit großem Bohau aufgebaute Drumherum, also der böse böse Konzern hinter allem, die bösen bösen Mächtigen, die sich all das im TV anschauen (siehe Running Man, die Truman-Show), bleibt ein mit großem Bohau aufgebautes Drumherum – sinnentleert, lauwarm, frei von Story. Dem sonst großen Donald Sutherland sollte man seine Hollywood-Lizenz entziehen, dafür, dass er sich für diesen Streifen hergegeben hat.
Soweit so blöd. Aber den Machern offenbar noch nicht genug. Die Fortsetzung fest im Blick reißt der Schinken weitere Themen an, die ebenfalls aus dem Nichts entstehen und auch gleich wieder darin verpuffen. Es gibt einen kleinen neuen Aufstand im elften Distrikt, der ebenso schnell losbricht wie er niedergeschlagen wird, es gibt eine Liebesgeschichte im Hungerspiel und einen eifersüchtigen Freund im heimischen Distrikt, es gibt einen Fernsehschaffenden, der sich – im Auftrag seiner Vorgesetzten – das Leben nimmt und dann ist der Film vorbei. Das Hungerspiel ist zu Ende (die Wendungen darin sind künstlich und unglaubwürdig) und all die angerissenen Geschichten stehen im Raum und sorgen dafür, dass nach den 142 Minuten nur ein fader Nachgeschmack bleibt und der Gedanke: 22 Minuten hätten's auch getan.

Liebe Urheber

... oder Rechteverwerter (hört sich an wie Tierkadaververwerter) oder wer auch immer diese dämliche Diskussion vom Zaun gebrochen hat. Mir scheint, ihr seid euch selbst wenig einig darüber, wer sich gerade darüber beschwert, dass eure Ergüsse gelesen, angeschaut oder gehört werden. Also, macht das doch bitte erst mal unter euch aus.

Klar, wenn ich was schreibe, dann will ich ein Feedback, bestenfalls Geld für das was ich geschrieben hab. Das soll so sein, zumal dann, wenn ich davon lebe.

Was aber habt ihr alle am Internet noch nicht verstanden? Sollen wir es euch erklären, da gibt´s doch bestimmt auf (Achtung: Igitt!) Youtube entsprechende Screencasts (sorry: Lernvideos), in denen das recht dezidiert erklärt wird, die Sendung mit der Maus hat bestimmt auch schon das ein oder andere darüber berichtet, oder schaut euch doch einfach das deformiertegebinde mal an.

Also, das ist so: Da macht wer was, steckt Idee, Zeit und Geld da rein und will, dass es verkauft wird. Das ging bisher nur, richtig, über geeignete Distributionskanäle, also Verkaufsstellen. Und über euch, liebe Rechteverwerter, die sich scheinbar die Falten aus dem Sack (oder wahlweise anders wo) raushauen und nur drauf warten, dass der "Künstler" sich bei euch anmeldet. Und dann wird verteilt, Geld nämlich: Zuerst an euch, eure Vorstände, eure Büros, eure neuen Computer, eure Sekretärinnen, eure Abmahn-Infrastruktur und all die anderen Dinge, die ihr so braucht, um den Tag rumzukriegen.

Am Ende des Jahres wird dann geschaut, wie viel Geld (huch!) von alledem übrig geblieben ist, und dann wird verteilt, an euch und ... ach ja, an die "Künstler". Die müssen notfalls sogar an sich selbst bezahlen, weil sie, wie ungewöhnlich, ihre Werke ja auch verwenden, und bekommen am End des Tages einen Bruchteil zurück. Hab ich da was falsch verstanden? Na dann, nur zu, erklärt´s mir (und die IHK und alle anderen Burschenschaften dürfen mir ihren Zweck auch gerne erklären, wenn wir schon mal dabei sind).

Und dann kommt da so ein Rüpel und verwendet eure Kunstwerke, um irgendein doofes Youtube Orgienvideo zu untertiteln. Grund genug, selbstredend, eine Abmahnung rauszuschicken und den Hinweis "Dieses Video ist in Deinem Land leider (!) nicht verfügbar" zu posten. Dass so manches eurer verwalteten Werke niemals an die Öffentlichkeit gedrungen wäre, ja so mancher "Künstler" nie bekannt geworden wäre, gäbe es (Achtung: Igitt!) Youtube und andere Portale dieser Art nicht, das verschweigt ihr alle wohlwollend. Warum auch Öl ins Feuer schütten, könnte ja jemand merken, dass alles sein Für und Wider hat.

Das Internet, um anzuknüpfen, bietet ja mittlerweile viele Ideen an, wie jeder zu seinem Recht kommt. Wie wäre es mit nem Cent pro Klick, dann würden vielleicht auch nicht mehr allzu viele Blödsinnsvideos angeschaut werden, wie es bisher der Fall ist. Wie wäre es damit, dem "Künstler" die Wahl zu lassen, ob er sein (SEIN!) Kunstwerk für Lau ins Netzt stellen will, ohne, dass ihr gleich die Hand aufhaltet. Wie wäre es, wenn einfach jeder mit seinem (SEINEM!) Werk machen kann, was er will. Und wenn er will, dass ihr mitkassiert, dann kann er das ja kundtun.

Ich weiß: So einfach ist das nicht. Genau, das sehen viele andere auch so, weil sie gar nicht so genau wissen, was ihr, liebe Rechteverwerter, den ganzen Tag so tut, außer euch und eure "Künstler" zu verwalten.

Ich denke, liebe Rechteverwerter, ihr merkt so langsam, dass durch die rasante Verbreitung des Internets eure Aufgabe in diesem ganzen Getriebe gar nicht mehr so klar ist und ihr merkt, dass euch das Internet eure Existenzberechtigung streitig macht. Ich glaube ihr habt schlicht und einfach den Überblick verloren und merkt, dass im Internet eure Kontrollmechanismen nicht mehr greifen. Vielleicht solltet ihr doch mal den ein oder anderen Screencast anschauen, um zu begreifen, dass ihr nicht mehr so ganz up-to-date seid.

Dann könnt ihr auch noch verhindern, dass in ein paar wenigen Jahren eure zahlenden Konsumenten sagen: "Sorry, aber das neue Musikstück poste ich nicht, dass ist mir zu stressig mit euren Abmahnanwälten, achso, verlinken, nöö, das ist mir zu unsicher, schaut mal selbst, wie eure "Künstler" ihre Werke bekannt machen ...!"

Und wenn das alles, was ich hier schreibe, völliger Mumpitz ist, dann ... klärt mich doch einfach mal richtig auf, und all die anderen, die das nicht verstehen gleich mit. Wird ja endlich auch mal Zeit!

Montag, 23. April 2012

Wohlblö.de

Liebes mobile.de,
zuerst einmal bin ich natürlich enttäuscht, dass es bei Dir gar keine Mobiles gibt sondern Autos. Aber was mich noch mehr verwirrt, ist Deine aktuelle TV-Kampagne, die da wie folgt endet: "Es gibt über eine Millionen Autos da draußen. Welcher ist Dein Nächster?".
Äh – wat? Welcher Auto? Oder sind das zwei voneinander unabhängige Informationen. Aber was geht's dann Dich an? Ich bin mit meinem Aktuellen sehr glücklich, ein "Nächster" ist nicht geplant noch vonnöten. Und selbst wenn, warum sollte ich einem Portal, das teure, die Luft verschmutzende Fortbewegungsmittel aus einem längst vergangenen Jahrtausend vertreibt verraten, welcher mein Nächster ist? Ich darf doch um etwas mehr Zurückhaltung beim Fragen von Fragen bitten.
Danke dafür.

Samstag, 21. April 2012

Abweichler abschaffen

Da ging doch letzte Woche ein Vorschlag durch die Presse, den ich nicht unkommentiert lassen möchte. Von einem Maulkorb im Bundestag ist die Rede. Also davon, Abgeordnete, deren Meinung von der der Fraktion abweicht, nicht im Plenum sprechen zu lassen, bzw. nur nach vorheriger Genehmigung der Fraktion und dann lieber auch nur kurz. Aha.
"Die lustige CSU", dachte ich zuerst. Die müssen sich ja mit dem D für demokratisch in ihrem Dateinamen nicht herumplagen. Aber sieh' an, der Vorschlag ist ein gemeinsames Verbrechen von Union, SPD und FDP. Dieselbe Mafia wundert sich gerade, warum die Piraten so populär sind – oh Herr schmeiß Hirn vom Himmel.
Sei's wie … Wie so oft, geht mir der Vorschlag nicht weit genug. Es wäre ja auch eine Überraschung, wenn in Berlin mal jemand was richtig macht. Zuerst einmal scheint mir die Idee Potenzial zu haben, aber das muss in der Umsetzung natürlich wesentlich spürbarer werden, als in einem halbherzigen Maulkorb.
Ich schlage deshalb vor, dass bei der Vereidigung eines Mitglieds des Bundestags künftig nicht mehr "Nach bestem Wissen und Gewissen" geschworen wird, sondern "Wes Brot ich ess', des Lied ich sing". Nur konsequent werden Abgeordetengehälter dann selbstverständlich aus Parteispenden bezahlt und nicht mehr aus Volkes Topf. Es stellt sich dann auch kein Gewissenskonflikt ein, wenn man wider besseres Wissen fraktionsgemäß das Händchen zur Abstimmung hebt. (Gewissen, liebe Vorturner in Berlin, einfach mal bei Wikipedia und im Duden nachschlagen.)
Und eh nun die ersten Hände vor Köpfen zusammengeschlagen werden und der Ruf nach Finanzierbarkeit aufkommt: ICH denke meine Vorschläge zu Ende. Denn selbstverständlich sind dann auch keine 620 Abgeordneten mehr notwendig, die sich auf ihren Diäten fettfressen. 20 bis 30 Luftpumpen in Ministersesseln sollten genügen. Den Rest – man spricht ja so ungern vor leerem Saal – verwalten ein Regisseur und ein paar Techniker. Zweitere kümmern sich um eine feine Projektion von unaufmerksamen Zuhörern und darum, dass die Lach- und Applausschleifen abrufbar sind. Ersterer kümmert sich darum, wann Applaus/Lachen/Geschrei abgefahren wird. Ich schlage übrigens Wim Wenders für den Regisseur-Job vor, dann bleibt er mir künftig im Kino erspart.
Damit sich währenddessen ein Restdemokratiegefühl bei den Verwaltenden – äh Regierenden – einstellt, werden Pseudodebatten des Bundestages künftig live in die Parteizentralen übertragen, von wo aus billige Ablenkungsmanöver einfach per Twitter an den Bundestagspräsidenten gesendet werden können. Da dieser ohnehin entscheidet, ob, wann und wie lange jemand sprechen darf, kann er auch die 140 Zeichen flugs vorlesen, wenn er es für hilfreich erachtet.
"Und die Abstimmung?" höre ich die geneigten Leser/-innen fragen. Wie gesagt: Ich denke meine Vorschläge zu Ende. Denn wenn es schlussendlich darum geht, eine Entscheidung zu treffen/über etwas abzustimmen, gilt natürlich der in Hinterzimmern gekauf verhandelte Wille der Fraktion. Man zählt aus, wie viele der 620 Sitze nach der letzten Wahl theoretisch auf welche Fraktion entfallen, addiert kurz und – schwupps – hat man z.B. einen neuen Bundespräsidenten. Für das überraschte Gesicht über den Wahlausgang gibt es künftig Crash-Kurse im Schloss Bellevue.
Abweichler wären somit Geschichte, die ganze Geschichte viel einfacher finanzierbar und es blieben uns Schlagzeilen meiner schreibenden Kollegen/-innen erspart, die immer dann, wenn ein Abgeordneter tatsächlich eine Meinung zu haben wagt, eine Koalitionskrise wittern. Wie kann man aber auch Mitglied einer Fraktion, aber nicht ihrer Meinung sein? Ts, ts, ts.

Also, liebe Berliner, wenn demnächst mal wieder ein Gesetz entworfen werden soll, einfach kurz durchklingeln. Ich denk's zu Ende. Ich helfe doch so gern.

Sonntag, 8. April 2012

In eigener Sache

Am Ostermontag könnt Ihr uns mal. Also hören, statt immer nur lesen.
Von 20–22 Uhr auf RadioX.

Viel Spaß :-)