Freitag, 21. Oktober 2011

Liebe Bildzeitung

Sagt mal, Ihr Bild-Leute: Seid Ihr von Sinnen, betrunken oder sonstwie noch über eure ansonsten ja bereits grenzwertigen Verhältnisse beeinträchtigt? Was bekommen wir nach Gaddafis Leichenbild als nächstes zu Gesicht? Helmut Kohls letzten Beischlaf, den Herr Diekmann als Kohls Trauzeuge live filmen durfte? Oder: "Hier wird gerade ein Kind missbraucht!"?

Aber wollen wir gerecht bleiben, denn scheinbar haben Millionen Deutsche ein ebenso unterentwickeltes Schamgefühl und sitzen feixend oder schockheuchelnd vor dem Foto eines Toten, der es ja eh nicht besser verdient hat.

Mich macht derartige Rach- und Blutlust nur noch sprachlos und es beschämt mich, dass so etwas in Ständern auf offener Starße stehen darf. Und ich weiß, warum ich mir die Finger an einem solchen Blatt einfach nicht schmutzig machen möchte.

Danke der Erinnerung, fast hätt´ich´s vergessen.

Mittwoch, 19. Oktober 2011

Glauben? aber wem?

Ich liebe Talkshows. Da wird geredet. Und geredet. Und geredet. Egal wer, glaub ich, Hauptsache, er oder sie kann reden. Diesmal war Sandra Maischberger am Start, genau die, die einst so hoffnungsvoll in NTV (oder war´s N24?) begann und nun gandenlos jeden auf Ihrer Couch Platz nehmen lässt, der gerade zu schnappen ist.

Diesmal waren es Euro-Gegner und -Befürworter. Allen voran Hans-Olaf Henkel. Wer um Himmels Willen hat diesen Menschen nach seiner Begnadigung BDI eigentlich wieder vor die Kameras gezerrt? Plasberg war´s, glaube ich, denn der bittet ja wirklich jeden in seine Talkshow mit Publikumsbeteiligung. Sogar Utz Claassen.

Dann die Uschi von der Leyen, die siebenfache Mutter der Nation, die nun zu jedem Thema fleißig vor sich hinplaudert, nur nicht zu dem ihr aufgetragenen (mit Hartz-IV kann man derzeit natürlich auch wenig Furore machen, da empfiehlt sich eh die letzte Folge von "entweder Broder"!). Also eine Ärztin (und siebenfache Mutter), die uns etwas über komplexe Finanzpolitik erzählen mag, und das auch nur, weil sie Kanzlerin werden möchte.

Weiter mit Marie-Christine Ostermann, der Bundesvorsitzenden "Junge Unternehmer", die mittlwerweile nicht mehr ganz so schnappatmet, aber trotzdem pausenlos ihre wenigen Thesen vertritt, die sie sich in ihrem kleinen Köpfchen so zurechtgelegt hat. Frau Ostermann gehört übrigens zu denenigen, die sich so unbemerkt in die Talkshowgastriege eingeschmuggelt haben und von denen keiner so recht weiß, was sie da eigentlich wollen (außer Ihre wenigen Thesen vertreten, aber das könnte sie ja auch in einem Blog oder so).

Wäre noch Professor Biedenkopf zu nennen (der die Chuzpe hat, gegen den Kanzler a.D. zu reden) und Sarah Wagenknecht, die ich (zugegeben) sehr mag, schon weil Sie immer den Eindruck macht, als verstünde sie das Geplapper Ihrer MitstreiterInnen schon deshalb nicht, weil es für ihr komplexes Denken viel zu seicht ist (siebenfache Mütter müssen ja nicht immer auch gleich intelligent sein.)

Also gehts los: Henkel will Europa in zwei Zonen unterteilen, v. d. L. will Kanzlerin werden, Ostermann will Geld verdienen, Biedenkopf ist klug und Wagenknecht (finde ich) auch. Wenn ich nun die persönlichen Vorurteile mal weglasse, dann hört sich am Ende aber alles recht plausibel an, aber wie es in Talkshows so ist, will das die Frau Maischberger natürlich nicht, sondern kaum habe ich mich (unwissend) kopfnickend committed, wird von der Gegenseite das nächste Argument in den Ring geworfen, das sich, Vorurteile mal ausgenommen, außer bei v. d. L. auch wieder ganz recht anhört.

Am Schluss bleibe ich ratlos zurück, bin weniger schlau als zuvor, überlege mir, auf das Occupy-get-together zu gehen und frage mich, ob das denn dann aber wirklich der richtige Weg ist. Was wollen die denn überhaupt und: wird alles besser, wenn das, was die wollen, auch umgesetzt wird? Oder sind die Occupy-Leute am End genauso schlau wie die Piraten, die ich ja schon wählen würde, wenn ich nur wüsste ... wem ich glauben soll.

Dienstag, 18. Oktober 2011

Wut? Aber auf was?

Ganz schön wütend, alles so, in letzter Zeit. Jeder ist wütend auf jeden.

Die Geberstaaten auf Griechenland, die Griechen auf Ihren den Staat (den sie aber alle ausschlachten, indem Sie Geld offenbar auf Schritt und Tritt an ihm und somit auch an sich vorbeischmieren), die griechische Regierung auf die Geberländer, weil sie nicht geben wollen, die Geberländer, die selbst nix haben auf die, die noch ein bisschen haben und das jetzt geben wollen, die Menschen auf die Banken, die aber selbst nicht mehr wissen, was sie tun sollen und die Regierungen auf das Volk, weil es nicht mehr so will, wie sie wollen.

Arme sind wütend auf Reiche, weil sie sich nicht vorstellen können, wie die zu so viel Geld gekommen sind, wo sie doch so wenig haben, ergo müssen die Reichen ihr Geld von ihnen, den Armen, haben.

Die Intellektuellen sind wütend auf die Doofen, weil sie an der Misere aus ihrer Sicht Mitschuld tragen, sind wütend auf die Schmierensender, die den Rest Hirn mit Bauer-sucht-Frau noch rausblasen un wieder auf die Doofen, weil sie sich damit einfangen lassen.

Die Reichen sind wütend auf die Armen, weil die sie aus ihrem Traum aufzuwecken drohen. Der Westen ist wütend auf den Osten (wegen des Solis) und das ganze Land ist wütend auf den Nahen Osten, wo die Menschen, die ihr Leben in Gefahr gebracht haben nun wütend auf alle anderen sind, die nun die Revolution in Gefahr bringen, weil wieder die gleichen machtgierigen Menschen die nächste Diktatur anzetteln.

Die ganze Welt ist wütend auf die Juden, die wiederum wütend auf die Palästinenser sind, die ihr Land zurückfordern, das ihnen die genommen haben, die einst wütend auf die waren, die Israel im Zaum halten soll.

Machthabende sind wütend auf die Opposition, die zwar auch nur an die Macht will, in diesem Zuge aber noch die ein oder andere Ungerechtigkeit auszusprechen wagt - bis sie selbst an der Macht ist.

Autonome sind wütend auf Unautonome und merken dabei garnicht, wie Unautonom sie selbst sind, Vegetarier sind wütend auf Fleischesser und Nichtraucher auf Raucher, Dicke auf Dünne, weil sie die Krankenkassen belasten und Leistungsstarke sind wütend auf Ausgebrannte, weil sie nun die ganze Arbeit mitmachen müssen.

Unser Problem, so scheint es mir, ist nicht die Ungerechtigkeit auf dieser Welt, sondern es ist die Wut, mit der wir dieser Ungerechtigkeit begegnen, weil wir immer glauben, dass sich diese Ungerechtigkeit nur gegen uns richtet, nie gegen die Anderen.

Und um dann diese gefühlte Ungerechtigkeit wenigsten etwas ins Lot zu bringen, tun wir genau das, was wir den Anderen vorwerfen, wir bringen ihn um, zünden ihn an, stellen ihn an den Pranger, plündern ihn und fühlen uns unendlich gut dabei. Und wenn alles vorbei ist und wir unsere Posten gesichert haben, weil wir Revolutionsführer oder Terrorchef oder Chef oder Betriebsratsvorsitzender geworden sind, dann schauen wir wieder angewidert nach unten zu all denen, die uns selbst nun ungerecht finden und finden das alles so ungerecht, dass wir mit der Unterdrückung, die wir einst bekämpft haben, wieder von vorne beginnen.

Und so werden aus 68ern, die einst gegen das Establishment angekämpft haben 2011er, die selbst dazu gehören, Steinewerfer werden zu Politikern und Arme, die einst gegen die monetäre Ungerechtigkeit angegangen sind, werden Banker, die nun selbst in den Türmen sitzen und verächtlich nach unten lächeln und die, die Autos angezündet haben werden solche, die Autoanzünder bei der Polizei melden.

Das Einzige, was beständig überdauert ist das, was dann immer wieder für das sorgt, was wir doch alle immer irgendwie loswerden wollen, in Wochenendseminaren, im Buddhismus, mit Geld und Erfolg oder indem man Blogs schreibt: Die Wut.

Geholfen hat sie, sind wir ehrlich, in den wenigsten Fällen, kaputt gemacht hat sie schon so unendlich viel, denn sie hält sich, das ist das perfide an ihr, selbst aufrecht, ein emotionales Perpetuum Mobile sozusagen, das nicht aufhört, solange man sich ihr hingibt. Und das tun wir mit Leidenschaft.

Und das ist dann auch die ursprünglich Bedeutung. Wut stammt vom lateinischen Furore ab und kommt, wie so vieles vermutlich, aus dem Theater, bedeutet „rasender Beifall“ und „Leidenschaftlichkeit“.

Verrückter Weise ist es wohl gerade diese fehlende Leidenschalftlichkeit, die uns so wütend werden lässt, dass wir wenigstens in Einem Leidenschaftlich sein können: In Wut und Zerstörung.

Das aber ist wenig zielführend und nachhaltig. Nachhaltigkeit aber wäre dann ja auch wieder so ein Thema, das dann aber auch besser in einem neunen Blog erörtert werden soll - da könnt ich doch grad wieder wütend werden!

Donnerstag, 13. Oktober 2011

Burn Baby burn.

Berliner Linke,
ich wurde ja erzogen, ein Anschreiben mit "Liebe…" zu beginnen, aber wenn daraufhin direkt "Berliner" folgt, dann kann ich das nunmal nicht. Wer mich kennt, weiß, dass ich die Hauptstadt sowie die meisten ihrer Bewohner schlicht Scheiße finde. Aber zurück zu meinem Anliegen.
Ich hab' nix dagegen, wenn Ihr die eine oder andere Nobelkarosse anzündet. Das kapier ich, die Stoßrichtung ist klar und in den meisten Fällen zahlt Ihr ja letztlich selbst dafür, denn die Versicherungen holen sich das Geld doch vom Einzahler wieder. Irgendwie beißt sich auch diese Katze also in den Schwanz, aber die Geste finde ich erstmal nicht verkehrt.
Bei Mittelklasse und Kleinwagen versteh' ich die Stoßrichtung schon nicht mehr und ich fühle mich an London erinnert, wo die Ärmsten der Armen ja nix besseres zu tun hatten, als ihr eigenes Viertel zu verwüsten. Sehr schlau! Dabei hält der berühmte Londoner Doppeldeckerbus gewiss auch in den reichen Vierteln und so'n Taxi ist zu fünft sicher nicht mehr teuer und kann gleich auch noch Steine auf dem Hin-, Flatscreen-TVs auf dem Rückweg transportieren. Naja, man kann ja nicht immer auf Anhieb alles richtig machen.
Aber zurück zu Euch, Berliner Linke: Brandanschläge auf Bahnstrecken? Äh. Öffentlichen Personennahverkehr. Meist genutzt von Menschen, die so klug oder so arm sind, sich kein Auto zu leisten. Welchen Schlag hab' ich nicht gehört? Wo ist da die Botschaft?
Ganz ehrlich, da flackerte so was wie sympathische Genugtuung auf, ob des einen oder anderen ausgebrannten Mercedes oder BMW, aber dieser Quatsch der letzten Tage lässt mich einfach in mein seit Jahren gehegt und gepflegtes Vorurteil zurückfallen: Ihr seid einfach nur dämliche Arschlöcher.
Schade eigentlich, denn ein bisschen Wind von unten täte den Wixern, die all unser Geld verzocken sicher gut. Aber wahrscheinlich sollte man sich zur Zeit als Linker einfach nur auf eine Parkbank setzen und dem Kapitalismus in aller Ruhe dabei zusehen, wie er sich selbst gegen die Wand fährt. Offenbar muss man dafür nicht mal mehr irgendwas anzünden. Eine Gewinnwarnung führt bei diesem Staat zu größeren Löscheinsätzen, als es jedes Feuer wohl könnte.
Und das Wort Gewinnwarnung knöpfe ich mir in einem anderen Eintrag vor.