Ich mag ja meine Muttersprache. Vielleicht nur, weil ich sie nunmal besser kann als jede andere. Und deshalb mag ich es nicht, wenn man sie missbraucht.
Die geschlossene Faust – Und eine Faust war noch mal was?
Die totale Abstinenz – Joah. Machen oder lassen.
Ein einzigartiges Individuum.
Eine neue Initiative.
Zukunftspläne – Ist es nicht die Natur eines Plans, dass er in die Zukunft zeigt? Wie spaßig kann es wohl sein, die Vergangenheit zu planen? Und zur Gegenwart stelle ich mir das ungefähr so vor: "Du, ich kann grad nicht, ich plane eben meine Gegenwart. Ach Mist, schon vorbei. Gleich noch mal. Ach, schon wieder um." "Du, lass Dich nicht aufhalten und viel Erfolg noch." "Danke für die Ermutigung, Sysiphus." Außerdem wünsche ich mir, dass in einem Vorstellungsgespräch die Frage "Wo sehen Sie sich in fünf Jahren" endlich einmal mit dem Satz beantwortet wird: "Wenn Ihnen keine bessere Frage einfällt, dann zwei Etagen über Ihnen, Arschloch". Aber das nur am Rande.
Genau richtig – wie könnte etwas weniger richtig als richtig sein bzw. richtiger als richtig?
Ein persönlicher Freund.
Der innere Kern.
Die jüdische Synagoge.
All das wäre mit einem Wort genauso gesagt, wie mit zweien. Und – was noch wichtiger ist – es wäre genauso verstanden. Der Sender käme sich nur nicht ganz so überlegen vor.
Aber es geht – wie so oft – noch schlimmer. Denn manches Geschwafel ist Blendwerk. Kaum zu toppen ist dabei das Gratisgeschenk!
Das an sich ist Blödsinn, denn der Begriff Geschenk beschreibt ausreichend, dass man dafür nichts zahlt. Leider stimmt das häufig schon im Privaten nicht, wo doch allzu oft Gegenleistungen vom Beschenkten erwartet werden. Natürlich unausgesprochen, sonst wär's ja einfach. Aber pervertiert wird der Begriff im Marketing. Da nämlich entpuppt sich das Gratisgeschenk als gar nicht mehr so gratis. Es ist nichtmal ein Geschenk. Es ist ein vorgegaukelter Bonus – wie ein Rabatt – der nur dann greift, wenn man irgend etwas tut, das dem Schenkenden Geld einbringt. Hier wird also das Geschenk nicht nur mit dem Adjektiv gratis aufgebläht, es wird auch noch sinnentleert. Schade eigentlich, aber kost' ja nix.
Und damit zu meinem anderen Liebling bei den Redundanzen, dem Endergebnis. Äh – ja. Laut Duden ist das Ergebnis die Folge einer Anstrengung oder einer Unterlassung oder etwas, was durch Rechnung, Messung, Auszählung o.Ä. ermittelt wird. Und wo steht so etwas oder eine solche Folge normalerweise? Am Ende? Ui!
Ich will also mal nicht so sein und der Sportreportage ihr Zwischenergebnis oder ihr Halbzeitergebnis durchgehen lassen, obwohl beides eigentlich nur -stand heißen dürfte. Aber ausgerechnet in der ach so seriösen Berichterstattung zu Wahlen gibt es einen Begriff, bei dem man nur staunen kann. Hier genügt das Endergebnis nicht mehr, es gibt ein vorläufiges Endergebnis und zwar ein vorläufiges, amtliches Endergebnis. Wow! Dem Schöpfer dieses Begriffs möchte ich denselben Orden wider die Vernunft verleihen, wie dem der Abkürzung ELSTER.
Noch mal zum Mitschreiben: Vorläufiges, amtliches Endergebnis. WAS? Zählt Ihr noch, oder wisst Ihr schon?
Es gibt keine vorläufigen Ergebnisse. Es gibt ein Ergebnis oder keins. Alles dazwischen ist kein Ergebnis, es ist vielleicht ein Halbzeitstand. Und wie amtlich kann so ein Konstrukt sein? Zugegeben, wenn man sich den Begriff auf der Zunge zergehen lässt, versteht man Duisburg besser, aber ganz ehrlich, wie quetscht man die Begriffe vorläufig und Ergebnis zusammen? Damit es keiner merkt klebt man noch ein End- dran und packt ein amtlich dazwischen. Das ist amtlich gruselig!
Vielleicht sollte ich die neue Initiative ergreifen und den einzigartigen Individuen im Finanzamt meine vorläufige, amtliche Endsteuererklärung mit einem schicken Gratisgeschenk in der geschlossenen Faust darreichen. Falls diese, meine Zukunftspläne den persönlichen Freunden dort den inneren Kern nicht genau richtig treffen, kann ich ja in einer jüdischen Synagoge ein leises Gebet sprechen oder die totale Abstinenz vom eigenen Besitz schwören.
Hoch die gläsernen Gläser!
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